Ein Quarantänelager für Elektro-Autos, RP-Online vom 25.07.2021






Kreis Viersen. Der Kfz-Sachverständige Joachim Brötzmann baut derzeit in Nettetal einen 
Quarantänehof für havarierte Elektrofahrzeuge auf. Solche Extraflächen empfehlen die Hersteller den Händlern. Die Gefahr liegt in den Akkus.


Sie planen einen Quarantänehof für Elektroautos in Nettetal: Sachverständiger Joachim Broetzmann und Mitunternehmer David Schiffer (kniend). Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

Elektromobilität ist die Zukunft. Die Verkaufszahlen batteriegetriebener Fahrzeuge steigen beeindruckend. Doch damit ergeben sich auch neue Herausforderungen, beispielsweise in der Behandlung von Unfallfahrzeugen. Der Kfz-Sachverständige Joachim Broetzmann möchte hier eine Lösung bieten. In Nettetal baut er derzeit einen Quarantänehof für havarierte Elektrofahrzeuge. „E-Mobilität ist im Kommen und das ist generell auch gut so. Aber um die Entwicklung nicht abzuwürgen brauchen wir eine entsprechende Infrastruktur“, erklärt der Experte. E-Fahrzeuge müssten nach einem Unfall anders behandelt werden als Verbrenner, erläutert er. „Die Akkus enthalten viel Strom und bei Beschädigung kann im Extremfall das ganze Fahrzeug unter Spannung stehen. Auch können die Akkus Feuer fangen oder giftige Stoffe auslaufen“, erläutert er. Darum seien Händler von den Herstellern gehalten, Quarantäneflächen für havarierte E-Mobile anzubieten. „Das aber macht den Verkauf unwirtschaftlich. Die Fläche beträgt 180 Quadratmeter pro Fahrzeug. Außerdem sollen sie abgesperrt und abgedeckt werden, um keine Schaulustigen anzuziehen. Das aber ist oft gar nicht zu leisten“, erläutert er. Das neue Quarantänelager, das Joachim Broetzmann derzeit in Nettetal errichtet, bietet Platz für 25 havarierte E-Mobile in sicheren Boxen. Diese sind feuerfest und können im Brandfall sofort geflutet werden. Das dann kontaminierte Wasser wird von Partnerunternehmen abgepumpt und gereinigt. Umweltschäden sind auf diese Art ausgeschlossen. Das gesamte Areal mit Boxen, die wie Garagen rings um einen Hof angesiedelt sind, sowie Verwaltungsgebäude, kostete eine siebenstellige Investitionssumme. Darum gründet er derzeit ein Unternehmen, um den Händlern diese Quarantäneflächen als Dienstleistung zu bieten. „Wir bauen derzeit in Nettetal einen Quarantänepark mit Boxen für verunfallte E-Fahrzeuge. Diese werden von spezialisierten Abschleppdiensten direkt zu uns gebracht und kommen hier in besagte Boxen. Die können dicht verschlossen und bei Bedarf geflutet werden. Außerdem sind sie mit besonderen Böden ausgestattet, die durch Säuren und andere Stoffe aus den Akkus nicht angegriffen werden“, sagt Broetzmann. Die genannten Boxen sind patentiert und sollen bald deutschlandweit in einem Franchise System errichtet werden. Für den Vorstand im bundesweit operierenden Verein freier Kraftfahrzeugsachversändiger eine wichtige und notwendige Einrichtung. „Es geht hier einerseits um Haftungsfragen, andererseits aber auch um die Umwelt. Wir können garantieren, dass keine Giftstoffe in die Umgebung gelangen. Unsere Dienstleistung ist, die Fahrzeuge so lange zu behandeln, bis sie stromlos sind und die Brandgefahr gebannt ist. Dann gehen sie zur Reparatur oder Weiterbehandlung zu den Händlern zurück“, erläutert er. Das Schreckgespenst vom ständig brennenden Elektromobil will er aber explizit nicht unterstützen. „Das ist Unsinn. Praktisch jeder Brand geht auf einen Unfall oder ein Fehlverhalten zurück. Wenn Menschen zum Beispiel ihr Fahrzeug mit einer nicht abgewickelten Kabeltrommel an der Schuko-Dose laden und die Trommel unter das Auto schieben, damit sie nicht im Weg ist, kann die Trommel aufgrund der hohen Strommengen Feuer fangen und das Fahrzeug entzünden. Aber von solchen Bedienfehlern abgesehen sind E-Fahrzeuge sehr sicher“, sagt er. Bei Schäden am Akku aber müssten Fahrzeuge in Quarantäne gesteckt werden. „Als Gradmesser gilt der Airbag. Hat der ausgelöst muss ein Fahrzeug entsprechend den Sicherheitsprotokollen behandelt werden. Strom sieht man nicht, aber er ist sehr gefährlich“, mahnt der 54-Jährige. Das gilt naturgemäß auch für die Polizei. „Auch hier haben wir spezielle Verfahren, um die Unfallaufnahme und Spurensicherung für die Experten der Polizei sicher zu gestalten“, erläutert er.

Von Sven Schalljo